Ebullitiocaris - ein träges kleines Herdentier
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"Herde" des Süßwasserkrebses Ebullitiocaris zwischen Pflanzenteilen im Rhynie ChertEine seltene Erscheinung im Hornstein von Rhynie ist ein gedrängter Haufen aus Dutzenden millimetergroßer eiförmiger Gebilde ähnlich einer Herde dicker Schafe (Abb.1). Diese Gebilde wurden erst kürzlich als Kleinkrebse gedeutet [1] und mit Vorbehalt den Cladocera zugeordnet, zu denen die bekannten Wasserflöhe gehören. Anders als diese ruhelosen Geschöpfe lebte Ebullitiocaris im wesentlichen festsitzend an Pflanzenteilen und weidete dort möglicherweise den Algenrasen ab, ein Verhalten, das auch von etlichen heute lebenden Wasserfloh-Verwandten bekannt ist.
Die vorliegenden Fossilien lassen kaum Einzelheiten erkennen außer einem segmentierten Rohr im Innern (Abb.2).


Ebullitiocaris: schräger Querschnitt mit segmentiertem RohrAbb.1:  “Herde” des Kleinkrebses Ebullitiocaris zwischen Pflanzenresten im Rhynie Chert. Bildbreite 8mm.

Abb.2:  Ebullitiocaris mit einem segmentierten Rohr als einziger deutlicher Struktur im Innern. Bildbreite 1mm.

Abb.3 (unten):  Querschnitt von Ebullitiocaris (leicht deformiert) mit konzentrischen Ringen als Argument gegen eine Spiralstruktur des Rohres. Bildbreite 0.82mm.


Ebullitiocaris: Querschnitt des segmentierten Rohres als konzentische Ringe
Die Autoren in [1] neigen zu einer Deutung dieses Rohres als Darm, basierend auf der Annahme, das segmentierte Aussehen sei durch den Schnitt einer spiraligen Struktur zustande gekommen. Die angebliche Spirale wird als Argument für eine enge Verwandtschaft mit den Wasserflöhen angeführt.

Die Bilder in [1] deuten jedoch eher nicht auf eine Spiralstruktur hin, und die Exemplare im eigenen Fund tun es auch nicht. Das Rohr, oder zumindest ein Teil davon, scheint in Wirklichkeit aus kurzen Muffen zusammengesetzt zu sein (Abb.3), mit einem dünnen bandförmigen Strang im Innern (Fig.2,3), was eine Deutung als Darm ausschließt.

Anscheinend in Erwartung von Argumenten gegen eine Spiralstruktur haben die Autoren [1] auch die Alternativen betrachtet: Eine Segmentstruktur des Rohres platziert Ebullitiocaris tiefer im Stammbaum, als Bindeglied, das zwischen Conchostraca und Cladocera vermittelt, und macht dieses Fossil damit bedeutsamer als zunächst gedacht.

H.-J. Weiss     2006

[1] L. Anderson et al.: A new univalve crustacean from the Early Devonian Rhynie chert hot-spring complex,
      Trans. Roy. Soc. Edinburgh, Earth Sciences 94(2004 for 2003), 355-369.

Anmerkung (2010): Ebullitiocaris wird in "Paleobotany" (2009) irrtümlich als Rädertierchen bezeichnet. Siehe Irrtümer .
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